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Götz von Berlichingen kontra Stinkefinger
Der "schwäbische Gruß" und andere Umschreibungen
Entgegen einer weit verbreiteten Annahme, ist Johann Wolfgang von Goethe nicht der Schöpfer der viel zitierten, vornehm umschriebenen, "Einladung zur Kirchweih". Und so vielfältig die Umschreibungen sind, so unterschiedlich ist auch die Bedeutung - abhängig von Situation, Betonung und anderen Faktoren.
Das Wörtchen "ja" vorangestellt, macht schon einmal klar, dass es sich bei dem, was kommt, keinesfalls um eine Beleidigung handeln soll. "Ja, leck mich doch am Arsch!" oder "Ja mi leckst am Arsch!" kann sowohl Bewunderung als auch Überraschung ausdrücken. Ein ohne besondere Betonung so einfach dahin gesagtes "Leck mich doch am Arsch!" zeigt Desinteresse oder signalisiert, dass man gerne seine Ruhe haben möchte. Ein knappes und stark betontes "Leck mich am Arsch!" oder ein "Du kannst mich am Arsch lecken!" ist dann das, was § 185 StGB als Beleidigung unter Strafe stellt.
Was nicht so bekannt ist: Es gibt einen sechsstimmigen Kanon "Leck mich im Arsch" von Wolfgang Amadeus Mozart aus dem Jahre 1782, der erst nach seinem Tode veröffentlicht wurde. So hat der Götz von Berlichingen den Weg nicht nur in die Weltliteratur sondern auch in die klassische Musik gefunden. Und auch sonst ist bei Wikipedia so einiges zu diesem Thema nachzulesen.
Der Stinkefinger, unser "teuerster" Finger
Gemeinhin ist der Daumen unser wertvollster, weil wichtigster Finger. Das zeigt sich beispielsweise in der Gliedertaxe der Unfallversicherung, bei der der Daumen mit 20% fast so hoch bewertet wird wie alle anderen Finger zusammen (25%).
Der Stinkefinger hingegen kann ganz schnell zu unserem teuersten Finger werden. Wer seinem Gegenüber den Stinkefinger zeigt, macht sich in der Regel nach § 185 StGB (Beleidigung) strafbar. Das kann zu Geldstrafen bis zu mehreren Tausend Euro (z.B. gegenüber einem Polizisten) oder - bei Verwendung im Straßenverkehr - zu einem Fahrverbot führen.
Der Stinkefinger hat eine lange und wechselvolle Geschichte hinter sich. Er war bereits im antiken Rom und Griechenland bekannt, gelangte durch italienische Einwanderer im 19. Jahrhundert in die USA und wurde in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts dann im deutschsprachigen Raum als Beleidigungsgeste bekannt.
Zu Goethes Zeiten war er also bei uns noch nicht bekannt, so daß der Götz von Berlichingen nicht auf diese Geste ausweichen konnte. Sonst hätte es dieses Zitat möglicherweise nicht in die deutsche Literatur geschafft. Allerdings ist nicht bekannt, ob die eiserne Hand des Götz beweglich genug gewesen wäre, um den Stinkefinger zu zeigen. Meine hölzerne Hand (siehe Foto) kann es!
Übrigens:
Wer gerne angeben möchte, kann vom digitus impudicus (lat.) sprechen, was soviel wie "schamloser" oder "unzüchtiger Finger" bedeutet.